Vor drei Jahren habe ich Holger kennen gelernt, der für mich sehr schnell ein guter Freund wurde. Wir haben uns von Anfang an super gut verstanden, da er selbst Jahre zuvor Depressionen hatte und es geschafft hat heraus zu kommen und es ihm zu diesem Zeitpunkt wieder richtig gut ging.
Dies ist im Sommer 2010, nur ein paar Tage nach dem wir uns kennen gelernt haben und er mich direkt für eine Nacht zu sich eingeladen hat, während ich auf meiner ersten "größeren Reise" zwei Wochen durch Deutschland und Österreich gefahren bin.
Er war für mich immer das leuchtende Beispiel, dass es wirklich möglich ist, diesen ganzen Scheiß hinter sich zu lassen und wieder Freude und Spaß im und am Leben zu haben. Im Herbst 2010, in meiner allerschwersten Zeit, weiß ich nicht, was ich ohne ihn gemacht hätte. Er war für mich wie ein Mentor, Trainer und Sponsor und ich weiß nicht wie viele unzählige Stunden wir telefoniert haben, er mir immer wieder Mut gemacht hat, wenn ich selbst schon längst nicht mehr an mich glauben konnte. Das da jemand war, der einen voll und ganz versteht, nicht für verrückt und abgedreht hält war so viel wert. Sogar fast eine ganze Woche habe ich bei ihm und seiner Familie verbracht, als ich "arbeitsunfähig" war und es alleine in meiner Wohnung nicht mehr ausgehalten hab. Immer wieder hat er mir versichert, dass es irgendwann vorbei sein wird und wir dann gemeinsam darüber lachen werden, auch wenn es noch eine längere Zeit dauern würde. Er hat mir eingeredet Geduld zu haben und mit den noch so kleinsten inneren Fortschritten zufrieden zu sein. Alles Dinge, die ich niemals geglaubt geschweige denn hinbekommen hätte, wenn er nicht der lebende Beweis für mich gewesen wäre, dass es wirklich möglich ist!
Auch als es bei mir wieder bergauf ging haben wir immer noch den Kontakt gehalten, auch wenn es weniger wurde, da ich (ja Gott sei dank) wieder Kraft hatte, mich um meinen Alltag zu kümmern. So waren wir einige Male auf Xavier Naidoo oder Söhne Mannheims - Konzerten und hatten ausgemacht irgendwann mal gemeinsam einen Teil des Jakobsweges zu gehen.
Dieses letzte Foto ist vom März 2012, als ich zu meiner Reise aufgebrochen bin und ihn nochmal zu Hause besucht hatte.
Im Januar haben wir uns das letzte Mal gesehen, als wir uns in München auf der BAU - Messe getroffen haben und er ziemlich guter Dinge war.
Im März dann erzählte er mir, dass es ihm wieder schlechter gehe und seine Depressionen nach vielen Jahren plötzlich wieder gekommen seien und ich hätte nie gedacht, dass dieser umgedrehte Fall einmal eintreten würde, dass ich ihm nun Mut zusprechen müsse. Mehrere Male haben wir telefoniert und ich habe richtig gemerkt, dass es ihm immer schlechter ging, da ich ja all die geschilderten und beschriebenen Dinge nur zu gut kannte! Im April dann ein sehr erschütterndes Telefonat, da er sogar schon viele Wochen krank geschrieben war und ich gemerkt habe, dass es ihm unendlich dreckig ging und er zu mir meinte, "Zum Leben fehlt mir die Kraft und zum Sterben der Mut..." Natürlich war ich nicht übermäßig entsetzt über diese Aussage, da ich das Gefühl kenne, wenn man keine Alternative mehr sieht, auch das vermeintliche Licht am Ende des Tunnels vollends erloschen scheint, man zu 110% davon überzeugt ist, dass es nie mehr besser wird und die Gewissheit, dass es keinen Ausweg mehr gibt.
Dies war das letzte Telefonat, ab diesem Zeitpunkt habe ich ihn nicht mehr erreicht. Dann habe ich oft versucht bei ihm zu Hause und seiner Familie anzurufen, aber auch dort leider niemanden erreicht. Als ich Mitte Mai auf dem Rückweg vom HU-Treffen war, wo ich meinen Vortrag "There is another choice!" gehalten habe und allen Anwesenden erzählte, dass es im Leben immer eine andere Möglichkeit gibt, bin ich bei ihm im Odenwald vorbeigefahren, aber es war leider niemand zu Hause. So habe ich ihm mit einem arg mulmigem Gefühl einen Brief vor die Haustüre gelegt, er solle sich doch bitte wieder bei mir melden, da ich mir Sorgen mache und wissen will wie es ihm geht. Leider habe ich nie eine Antwort bekommen.
Vor zwei Tagen habe ich von seinem 12-jährigen Sohn erfahren, dass er tot ist!
Der Mann, der an einen riesen Anteil an meiner Genesung hatte, ich werde ihn nie mehr wieder sehen!
Mehr vermag ich im Moment nicht darüber zu schreiben, da es für mich noch zu schockierend ist, aber teilen möchte ich es trotzdem...