29. September 2012

Bursa Tarim Fuari


21.676 km

Hallo Zusammen!

Wir verabschieden uns von Alp und packen das Motorrad 


Ja, all dies passt an und auf's bike... :-)

Von Istanbul aus machen wir uns auf den Weg nach Gebze, wo wir wieder die Fähre über das "Mamara Meer" nach Yalova nehmen


und von dort weiter nach Bursa fahren, wo in diesen Tagen die Bursa 10th International Agriculture, Seed Raising, Saplings and Dairy Industry Fair stattfindet. Mit 200.000 Besuchern und 630 Ausstellern die größte Messe rund um Landtechnik, Pflanzenschutz und Milchviehhaltung in der Türkei.


Es gelingt mir einen Termin mit Hr. Gökhan Engün persönlich, dem Messeleiter und Vorstand des Veranstalters Tüyap Fairs and Exhibitions Org. Inc.  zu arrangieren, der mir eine Menge über die Messe und LW in der Türkei erklärt. 


So erzählt er mir beispielsweise, dass die Messe neben dem heimischen Publikum auch die wichtigste Export-Veranstaltung darstellt, da mehr als die Hälfte der türkischen Landtechnik-Produktion ins Ausland geht. Türkische Landtechnik sei sehr robust und zuverlässig, nicht so gut wie die Deutsche (sagt Hr. Engün selbst), ab dafür deutlich preisgünstiger. Und genau dies begründet das Interesse der Käufer aus dem nahen Osten, wie dem Iran, Irak und Saudi-Arabien sowie mehreren afrikanischen Ländern, wie Ägypten, Tunesien, Kenia, Süd-Afrika und noch einige andere…

Nach der sehr angenehmen und informativen halben Stunde mit Hr. Engün 


mache ich mich auf den Weg die Hallen und vor allem das Außen-Gelände zu erkunden. Mit John Deere, CLAAS, CASE & New Holland sowie der ARGO-Gruppe und dem AGCO-Konzern sind alle namhaften Globel Player vertreten. Nur meinen ehemaligen Arbeitgeber suche ich vergebens. Was hat es hiermit auf sich Hr. Feldmann....?? ;-)

Bereits beim Betreten des Geländes fällt mir auf, dass die mir bekannten Hersteller nur Maschinen aus ihrem mittleren Produkt-Segment exponieren. Bei New Holland, deren Importeuer TÜRK TRACTÖR behauptet über 50% (!!) des gesamten Schlepper-Marktes für sich, erzählt man mir, das nur ein marginaler Bedarf an hochmotorisiertem Gerät in der TR nachgefragt wird. Über 80% der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in der Türkei wird von kleinen, sehr kleinen privaten Betrieben bewirtschaftet, die maximale Parzellengrößen von 1-3 ha besitzen, so die Aussage eines NH-Vertreters. Von daher wundert es auch nicht, dass die meistverkauftesten Schlepper in der Leistungsklasse von 60 bis 69 PS liegen.


Der 56S - Serie von New Holland ist ein durch und durch spartanisches Gefährt und auf das Notwendigste reduzierte und wohl gerade deswegen der Kassenschlager. Ob mit oder ohne Kabine...


An Feldhäckslern stellen sie "nur" ihren FX 9050 mit 500 PS aus.


Auch CLAAS stellt lediglich einen Jaguar 940 aus, diesen mit 8-Reiher. 


Daneben sind die Herren von Rostselmash aus Russland mit einem älteren Modell und einem "weniger älteren" Exemplar zu finden… ;-)


Bei Letzterem handelt es sich um deren neue Modellreihe RSM, bei der die Konstrukteure aber absolut unbestreitbare sich beim Jaguar bedient haben, zumindest was das Design anbelangt. Vor allem die Seiten- und Heckverkleidung...


aber auch der Aufstieg, lassen keinen Zweifel offen, noch dazu da beide Typen Seite an Seite auf der Messe stehen.


Ich versuche einem der Rostselmash-Herren etwas auf den Zahn zu fühlen und er erzählt mir, dass mit diversen Bauteilen von CLAAS Industry, ZF-Achsen sowie nun auch mit V8-Mercedes-Motoren allerhand deutsche Komponenten verbaut sind. Da die Ernteverhältnisse in der Türkei und Ost-Europa (in der Ukraine und Moldawien verkaufen sie bereits) anspruchsvoller seien, der Mais härter und ertragreicher, kommen ihre hauseigenen Gebisse an ihre Grenzen, gesteht der gute Mann, so dass sie ihre Häcksler hier ausschließlich mit Kemper-Vorsätzen ausrüsten.


Es ist der International Sales Manager, mit dem ich mich unterhalte und er erzählt mir in ach so typischer russischer (Un-)Laune, dass Rostselmash nun im 3. Jahr in der TR Mähdrescher


und Feldhäcksler verkauft. 4 Einheiten in 2010 und 6 Maschinen in 2011. Aufgrund weniger restriktiver Abgas- und Sicherheitsnormen in der Türkei im Vergleich zur EU sei ein Arrangement von Rostselmash hier möglich, da die bisherige Modellreihe noch nicht mit EU-Norm konform ist. Allerdings planen Rostselmash mit deren RSM-Modellen in den nächsten Jahren ihr Arrangement in Ost-Europa bis nach Polen auszuweiten...

Also aufgepasst vor der selbstfahrenden Invasion aus dem Osten!!!  :-)

Bei den Mähdreschern sieht es leistungsmäßig ähnlich aus. Zwar thront über allem ein Lexion 750


allerdings sei der noch immer im Besitz von ENKA, dem türkischen Importeur von CLAAS, da niemand diese große Maschine kaufen möchte, erzählt mir ein Vertreter der Saatengrünen. Von daher sei der „Tucano“ hier das Top-Modell. Auch erklärt der gute Mann mir, mit welchen Maßnahmen seiner Meinung nach KRONE erfolgreicher am türkischen Markt partizipieren könne… Schon witzig!


Bei John Deere das gleiche Szenario. Mit deren W 540 stellen sie das kleinste Exemplar ihres 5-Schüttlers aus und dies mit mechanischer Siebverstellung, ohne Stroh-Häcksler und Spreuverteiler. Eben einfach günstig!

Bei Fendt ist es deren 828 der die Palette nach oben hin abrundet und wohl auch nicht wirklich oft verkauft wird.


New Holland stellt zwar ein Exemplar der neuen 8er Reihe aus, dass aber wohl mehr „um den Größten“ zu haben und die Position als „Platzhirsch“ in der Türkei zu behaupten.


was ich auch am mit Abstand flächenmäßig größten Stand erkenne! 

Daneben spielt sich die Messe hauptsächlich im zuvor erwähnten Leistungssegment ab. Und hiervon gibt es eine Menge, auch an hauseigenen türkischen Produkten. So zum Beispiel Hattat Traktör     


 oder Taral


und auch bei den selbstfahrenden Feldspritzen fallen die einheimischen Produkte nicht wirklich größer aus...


In den Hallen entdecke ich mit ILGI einen türkischen Hersteller, der auf den ersten Blick in Puncto Design und Robustheit gute Maschinen zu vertreiben scheint


und man erzählt mir, dass sie bereits seit mehreren Malen auch an der Agritechnica teilnehmen und neben Europa einen großen Teil ihrer Maschinen eben in den nahen Osten und Afrika verkaufen. Der Vertreter ist mir gegenüber ganz stolz zu erwähnen, dass sie die türkische Antwort auf LEMKEN, HORSCH und Co. seien...

Zum Abschluss entdecke ich noch die attraktive Dame von der DLG-Fraktion Turkey, die Werbung für AgritechnicaEuroTier und Co. macht...


und mache mich anschließend nach zwei Messetagen langsam darauf das Gelände zu verlassen.

Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg nach Osten und lassen Bursa schnell hinter uns. Und mit gefühlt jedem Kilometer, den wir mehr ins Landesinnere Anatoliens vorstoßen wird es auch wirklich ländlicher und die Einwohner merklich ärmer. 


Dies ist nun ein sehr gängiges Motiv, was uns auf den Straßen begegnet und für mich hat es den Anschein, das die durchschnittliche verfügbare Schlepperleistung in der Türkei irgendwo zwischen 35 - 50 PS rangiert.

Aber beim nächsten Mal mehr zur türkischen Landwirtschaft ... :-)



Güle Güle

vom worl-ag-traveller!



25. September 2012

Ali am Bosporus

21.118 km


Nach unserer tollen Erfahrung beim Campen "hinter der Tanke" fahren wir am nächsten Tag bis nach Bursa. Dort fängt uns Önder, den ich von jmd. beim HU-Treffen empfohlen bekam, auch schon am Stadteingang ab und nimmt uns mit zu sich und seiner Familie nach Hause. Er selbst ist in Augsburg aufgewachsen und spricht daher 1A bayrisches Deutsch...

Bereits im Vorfeld hat er mir Ersatzteile bei BMW organisiert, die ich für die Weiterfahrt als sinnvoll erachte. Wie einen Kupplungs- und Gasseilzug. Vielen Dank dafür an dieser Stelle!!

Wir wechseln gemeinsam die Bremsen und Öl an meinem bike und auch sein Junior hilft tatkräftig mit... :-)


Fast schon wie ein Großer!


;-)


Gib mir Fünf!!

Jetzt fehlt mir noch ein neuer Hinterreifen und dann ist mein bike wieder "good to go" für die nächsten 10.000 km...

Tausend Dank an Önder und seine Familie für die tolle Unterstützung in Form von Ersatzteilebesorgung, Übernachten, Essen gehen, Hotel auf der Weiterfahrt organisieren und einfach eine gute Zeit miteinander verbringen!



Da es nach den ganzen Arbeiten schon Nachmittag ist, ich an diesem Tag keine Lust auf Camping habe und auch nicht mehr allzu weit fahren will, beschließe ich seit Langem nochmal ein Hotelzimmer für eine Nacht zu nehmen. Daraufhin ruft Önder einen Freund in der nahegelegenen Küstenstadt Mudanya an, wo wir doch einfach vorbeischauen sollen und er würde uns weiterhelfen. Dort angekommen, wir haben noch nicht einmal Zeit vom Motorrad abzusteigen, steht schon jemand mit den Worten "I am Ali, welcome to Mudanya, you must be Alex!?" neben uns... Und ich bin einmal mehr begeistert von der türkischen Mentalität und Gastfreundschaft.
Mudanya ist ein kleine Stadt an der Küste zum Mamara Meer, nicht mal 30 km von Bursa entfernt. Leicht touristisch, aber trotzdem recht schön!

Als ich am nächsten Morgen das Motorrad packe und wir fast losfahren wollen, gibt es noch ein kleines Problem...


was sich in Form von ca. 500 Litern Bier äussert, die gechickt hinter meinem bike plaziert sind... :-) Als sich dieses "Problem" dann auflöst, fahren wir entlang der Küste nach Gemlik und Yalova, wo ich mir dann bei ...



TURKCELL eine türkische SIM-Karte zulege, da ich denke, diese könnte in den kommenden Tagen und Wochen noch recht nützlich werden!? Wir fahren ein bißchen weiter und nehmen die Autofähre hinüber nach Gebze, um uns einen 100 km langen Weg um den östlichen Ausleger der "Mamara Sea" zu sparen. Und bei 12 TL (Türkischen Lira) für uns Beide inkl. Motorrad ist  es auch wirklich nicht nur eine Zeitersparnis.

Alp aus Istanbul hatte mir bereits im Winter, als ich bei CS meine Reisepläne gepostet habe, angeboten ein paar Tage bei ihm in Istanbul zu verbringen. Er schreibt mir per SMS, dass er in Kadiköy, einem Stadtteil auf der asiatischen Seite wohnt, so dass wir von Gebze aus auf der Schnellstraße immer jener Beschilderung folgen, bis wir am Stadion von Fernabahce vorbei



in besagtem Stadtteil ankommen, in einem wifi-Cafe auf ihn warten und anschließend feststellen, dass wir es in der 18 Mio. - Metropole auf Anhieb bis in einen Radius von 300 Metern zu seinem Haus geschafft haben. Und alles ohne Navi!!  ;-)

Da er gerade aus dem Büro kommt, Feierabend hat und keine Lust sich an die einheimischen Verkehrsregeln zu halten, legen wir diese 300 Meter auf allerkürzestem Weg zurück. Gut 100m entgegen der Fahrtrichtung auf einer dreispurigen Hauptverkehrstraße zwischen hupenden Autos hindurch, dann über die Fußgängerampel zur anderen Seite und dann zu seiner Garage... Er mit seinem Roller hat noch halbwegs gute Karten, ich dagegen mit einem guten Meter Arbeitsbreite und 450 kg und einer durch und durch zu Tode erschreckten Sozia, habe ein wenig Arbeit mich durch den Istanbul'schen Feierabendverkehr zu drängeln... :-/



Alp ist superklasse! Er ist knapp 50, fährt selber eine 1150er GS, war bereits in der gesamten Türkei unterwegs und auch weiter östlich im Iran und ist sehr relaxt. Tagsüber tougher Banker und am Abend und Wochenende... :-)




Hier in der TR gibt es 0,5 Liter Stubbis! Also "einarmiges Reißen in der Halbliter-Klasse"... ;-)

Er bietet uns an mehrere Tage bei ihm zu bleiben und da Istanbul ja eine größere Stadt ist, nehmen wir dies auch gerne an. Samstags nimmt er sich Zeit und seine "Q" aus der Garage und wir fahren mit zwei Motorrädern (zum Leidwesen von Mila...) den ganzen Tag kreuz und quer durch die Stadt, auf der Suche nach einem neuen Reifen, neuem Schlafsack, neuen Handschuhen usw. ...

In der Innenstadt sind viele Straßen dreispurig und werden je nach "rush-hour" 2:1 geschaltet. In der übrigen Zeit können sich beide Seiten die Mittelspur teilen.... 




Sehr skurril und gewöhnungsbedürftig und ich wundere mich auf's Äußerste, dass das alles unfallfrei abläuft!!!

Sonntags gehen wir dann zu Fuß zum Hafen und überqueren den Bosporus per Fähre



was ein sehr erhabenes Gefühl für mich ist und ich genieße es sehr!

"Ali auf dem Bosporus!!" :-)




in Sichtweite von Sultanahmet-Moschee und Ayasofya



kommen wir auf der europäischen Seite an und sehen 


die großen 


und kleinen Katzen am "Bospurus"!



treffen anschließend Alp's Freundin



zu einem leckeren türkischen Bier


 und schlendern danach am Ufer entlang


was schon echt gut ist und tut!!

Später versuchen wir ein paar von Mila's Bildern, die sie in der Zwischenzeit gemalt hat, zu verkaufen...


und laufen selber davor und danach noch über den Bazar.

Es ist so viel gewesen die vergangenen Tage, ich könnte für jeden Tag einen eigenen blog schreiben, was mir aber echt zuviel ist. Die Türkei gefällt sehr sehr gut! Was wohl auch an der super Gastfreundschaft von Alp liegt. Einmal mehr, dass ich so eine gute CS-Erfahrung mit "älteren" Männern mache. Ich habe das Gefühl, dass ich diese beeindrucke, da ich mit meinen 29 Jahren das tue, wovon diese schon seit langem oder gar Jahrzehnten träumen, was mir Alp sogar bestätigt. Allerdings hat er im nächsten Jahr (er geht dann in Rente) vor, auch mit seinem Motorrad auf eine lange Reise auf zu brechen und wollte von mir daher eine Menge Tipps haben, da ich für ihn der "experienced traveller" sei... :-)

Was mir bereits zu Beginn der Türkei aufgefallen ist, dass immer und überall Bilder von "Atatürk" zu sehen sind. Er ist der Nationalheld schlechthin und wird irgendwo zwischen "Superstar" und "Heiliger" verehrt. Den Namenszusatz der so viel wie "Vater aller Türken" bedeutet, habe er später aufgrund seines Wirkens bekommen. Er sei es gewesen, der nach dem 1. Weltkrieg und Zerfall des osmanischen Reiches, die Türkei gegen die englischen, italienischen noch weitere aber vor allem griechischen Besatzungsmächte befreit habe. Auch wurde er im Anschluss zum 1. Präsident der "neuen Republik Türkei" und habe sehr viele Reformen im Bezug auf den westlichen Lebensstil eingeleitet. So die Kurzfassung, wie Alp mir erklärt. 


So fahren wir eine Straße entlang, die eine gesamte Bilder-Galerie von ihm enthält


sowie Wimpel- und Fahnenketten


auf dem Basar werden seine Votiv-Tafeln mit denen anderer Freiheitskämpfern wie Che Guevara (oder der Mona Lisa??)


aufgehangen und auf größeren Plätzen sind Statuen und andere Gedenkplätze aufgebahrt.



Hinzu kommt dann noch, dass der Hauptflughafen in Istanbul nach ihm benannt und er auf der Vorderseite jedes einzelnen türkischen Geldscheines abgedruckt ist.

Auch finden wir ein Buch, was mich sehr interessiert, da ich gerne mehr über seine Person erfahren würde, 



allerdings in Türkisch. Und von daher bleibe ich auf die Erzählungen seiner heutigen Landsleute angewiesen...

Heute morgen wechsele ich dann noch meinen Hinterreifen. Nach einer längeren verzweifelten Suche, habe ich dann doch noch einen passenden Reifen gefunden. Zwar nicht die Ausführung, die ich gerne gehabt hätte, diese war an 5 (!!) Stellen nicht zu bekommen, aber immerhin doch noch einen Michelin...


Abends werden wir von Alp zum Abschied-Essen eingeladen. Auf Iskander, eine türkische Döner-Spezialität.




Alles in Allem verbringen wir 5 sehr schöne Tage in der türkischen Hauptstadt und ich bin sehr froh doch noch hierher gefahren zu sein, da ich eigentlich vor hatte, aufgrund der voran geschrittenen Zeit, dies auszulassen.